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Arnulf Baring (1932–2019)

Autor/a de Machtwechsel: Die Ära Brandt - Scheel

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Crèdit de la imatge: Photo by user Tohma / Wikimedia Commons

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Ein Leben vom Ende des Krieges bis heute: spannend und einfühlsam.

Verortet zwischen Wittenberg und Weimar, ein unabhängiger Geist und begeisternder Erzähler.

Meine persönlichen ersten Reise-Ziele in der ehemaligen DDR waren Weimar und Wittenberg. Professor Baring verortet sein Denken, seine Herkunft in dieser Region bzw. der darin entstandenen Kultur. Sein Buch liest sich für mich als spreche hier eine Person, die niemand etwas zu beweisen habe, die einfach ihr Urteil abgeben kann und den Blick auf die Realität aus seiner Jugend bezieht. Er erlebte die Bombennächte in Dresden und schildert sein Überleben ebenso packend wie ich die Biografie Reich-Ranickis empfunden haben. Beide sind freie Geister, die dem Tod mehrfach ins Auge geblickt haben. Man denkt und fühlt danach völlig anders. Klarer, freier, unabhängiger.

RB vermittelt diese Unabhängigkeit, seinen freien Geist in allen Sätzen und das Buch zeigt den Übergang vom 2. WK in das Heute auf eine unnachahmlich erzählend erklärende Art, die Prof. Dr. Baring wohl auszeichnet. Ursprünglich Jurist wechselte er irgendwann zum Fernsehen und dann in die Politik und wurde Professor in Berlin, immer darauf ausgerichtet, seinen Studenten Geschichte vor Ort, Live zu vermitteln. Er reiste mit diesen in den Ostblock und schon nach Weimar als es für viele noch undenkbar war. Die Mischung aus dem kalten Denken eines Juristen mit dem emotionalen des Politikwissenschaftlers, der seine Heimat brennen sah, lässt in seinen Gedanken etwas ganz Besonderes entstehen, das dieses Buch zu Herzen nahegehend vermittelt.

Dabei wird die aktuelle Politik ebenso einbezogen wie jene der Nahckriegszeit, ein weiter Horizont zwischen den Anfängen mit Adenauer bis hin zu Merkel. Seine Kenntnisse der sozialliberalen Koalition unter Brandt und seine Arbeit für Walter Scheel vermitteln Insider- und Personenwissen pur. Dabei nutzt er keine gespreizten Wortkaskaden, sondern verständliche, klare, bleibende Analysen. Dass er in Diskussionen oft unwirsch wirkt, ist seinem Charakter geschuldet, er kann Verlogenheit und Dummheit schwer ertragen, ich kann ihn gut verstehen. Seine Fähigkeit, Geschichten begeisternd zu erzählen, springt einen in diesem Buch förmlich an und fasziniert.

Seine Schilderung der Alt 68er Ideologie und wie er das damals in Berlin als Professor erlebte, gehört mit zum Besten überhaupt. Mehr muss man zu diesen tatenlosen Ideologen des infantilen Contra nicht sagen, die heute meinen, mit grenzenlosem Pluralismus & Multikulti den neuen Stein des Weisen, die alleinselig machende Religion gefunden zu haben. So wie diese damals nichts geschaffen haben außer Verwirrung, so gehen sie und ihre Kinder heute vor und verbreiten ihr Denken aus den Wunschträumen ihrer neuen Religionen.

Was Deutschland als Nation wirklich fehlt, an was die Erinnerungskultur krankt, AB braucht dafür kein ganzes Buch, sondern bringt die Grenzlinie zwischen einem gesunden Patriotismus und Nationalismus klar auf den Punkt. Alle, die heute die Herrschenden kritisieren, werden dem Nationalismus zugeordnet, der erweiterten Form des Patriotismus: während man hier sein Eigenes schätzt, hasst man im anderen alles Fremde noch mit. Deutschland hat das außer in der 33er Zeit nie getan, sondern eine lange Tradition in der Übersetzung und Verbreitung anderer Kulturen, im Anerkennen des Anderen, alleine schon durch die Mittellage in Europa bedingt. Dass Hitler möglich war, hat eine ganzes Set an Gründen, die sich keinesfalls Sekretärinnen oder einfache Soldaten anziehen müssen. Dass es heute in Deutschland wieder möglich wäre, mit der AfD z.B., ist nichts als populistisches Säbelgerassel, um von der eigenen Unfähigkeit abzulenken.

Wenn man AB in Talkrunden erlebt und seine Einwürfe, dann weiß man, er ist aus der Zeit gefallen und hat keine Chance gegen die fehlende Diskussionskultur, die er zutreffend umschreibt als etwas, das keinem Willen zum Ergebnis mehr folgt, sondern nur noch Showcharakter hat, Unterhaltung ganz unten, gerichtet auf Einschaltquoten. Seine Einschätzung deutscher Politiker und die massive Kritik an Angela Merkel teile ich völlig. Ihre uneitle Art überdeckt ihren Machtinstinkt und ihre Lähmung der CDU wird weit stärkere Probleme hinterlassen als dies der Patriarch Kohl bewerkstelligte. Dass der Staatsbürger zum Sozialbürger mutierte, wer wollte es leugnen und auch die Tatsache, wer in diesem Zusammenhang über Gebühr teilhaben darf, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Wussten Sie z.B., dass 40% der Bevölkerung überhaupt keine Steuern bezahlt? Noch nie wurde ernsthaft versucht, die Effizienz des überzogenen deutschen Sozialsystems wissenschaftlich zu überprüfen. Die dafür bereit gestellten Gelder fehlen schmerzlich in Bildung, Forschung und echter Integration. Im Hinblick auf die Einwanderung plädiert AB für ein kanadisches, sehr striktes System, das viele bei uns als rassistisch bezeichnen würden.

Zum Euro hat AB eine klare Sicht: er wird scheitern. Außerhalb Deutschlands hat keine europäische Nation je die Annahme geteilt, die EU werde an die Stelle der Nationalstaaten treten. AB zitiert einen Wisschaftler, der über Währungsunionen promoviert hat: "Es geht immer schief." Zur Begründung bedarf es allerdings keiner wissenschaftlichen Abhandlungen, sondern lediglich des gesunden Menschenverstandes. Fatal heute ist, dass sich Deutschland wie kein anderes Land als demütiger Nachkriegsstaat an Europa aufrichtet, ohne dass andere Staaten ihre Identität aus diesem Konstrukt beziehen würden. Wir Deutschen sind Opfer unserer Weltfremdheit geworden, schreibt AB. Und dies: Wir Deutschen zahlen - und ziehen damit paradoxerweise den Hass derer auf uns, die wir mit unserem Geld zu stützen versuchen.

Die Erklärungen des Christen AB zu Protestantismus und Katholizismus leuchten ein, die jeweiligen Stärken und Schwächen werden treffend herausgearbeitet. Seine Schweigeseminare im Kloster Neuenheim (eine der wenigen Kirchen mit frohen, optimistisch machenden Farben, der letzte Bau Balthasar Neumanns) lassen ihn zurückkehren zum eigentlichen Christsein. "Die heiter beschwingte, festliche Anmutung der barocken Klosterkirche ließ mich eher an Schlösser, Paläste Festsäle denken, ich will hier eigentlich eher tanzen, sagt AB zum Pater Beda, worauf dieser antwortet: "Tun wir doch auch, wir tanzen bis zu Gott." Es stimmt, die Ausstrahlung dieser Kirche, ich weiß das aus eigenem Erleben, ist unvergleichlich. AB: Und wieder hatte ich das Gefühl, dem Himmel vorübergehend näher zu sein."

Die Ausführungen von Professor Baring werden leider erst in 10 Jahren begriffen werden, wenn seine Voraussagen bitter eingetreten sind. Wer dieses Buch schon jetzt liest, muss entsetzt sein um ein Land, das sich selber in einer Ideologie aufgegeben hat, die man ganz einfach findet, wenn man nach einem Video von Franz Josef Strauß und Narrenschiff sucht.
… (més)
 
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Clu98 | Feb 24, 2023 |
No valid German National Library records retrieved.
 
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glsottawa | Apr 4, 2018 |

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