Philippe Garnier

Wider die Lauheit

Ein - Achtung! - persönlicher Lesebericht

Man wehrt sich gleich zu Beginn der Lektüre gegen das stetige Erkennen, eine gewisse leise (oder besser: laue, M. Garnier?) Verzweiflung. In einer Mischung aus Trotz und gutem Willen nimmt man die nicht eben große Mühe des Weiterlesens auf sich. Später gewinnt man gar ein wenig Selbstachtung zurück - durch den Verdacht, dass der Autor seinem Anspruch selbst nicht gerecht wird. Der Text, selbstredend ironisch im Grundton, von leichter Hand geschrieben, vagabundiert anekdotisch und von Aphorismen wimmelnd durch die Themenfelder. Ein theoretischer Überbau fehlt, die gelegentlichen kontextuellen Einstreuungen haben illustrativen Charakter; es regiert die plausibel vorgebrachte Behauptung:

"Vielleicht ist Flaubert einer der ersten, die sich auf ein laues Verhältnis zu Büchern berufen, das einzig lebbare Verhältnis nach soviel unglücklichen Leidenschaften, verkorksten Nachahmungen, groteskem Wissensdrang: Quälen wir uns doch nicht länger mit den Abenteuern des Geistes."

So blättert man gleichmütig die großzügig gesetzten, vom beschaulich-gediegen gestalteten Einband festgehaltenen 171 Seiten um. Unerhört laues Lesen. Doch ach: Gegen Ende beschleicht einen das Gefühl, es könnte sich bei all der Lauheit um eine perfide List des Autors handeln, seiner zentralen Aussage Nachdruck zu verleihen. Es scheint, als lauere hinter der lauen Fassade ein hartnäckiger, zorniger, subversiver Geist. Aber das mag in den Bereich der individuellen Rezeption fallen. Letztendlich bleibt man ein wenig irritiert zurück.… (més)